Vom Reisen und Leben

Monat: September 2017

Vom alleine reisen, Teil 4

Mein lustigstes Erlebnis in der vergangenen Woche hatte ich, als ich einmal nach dem Strand nicht meine übliche Taverne sondern die daneben besuchte.

Ich bestellte eine große Flasche Wasser und eine kleine Flasche Retsina.
Der Kellner schaute mich mit einem Ochsenfroschblick an und meinte:
„Oh sorry, we don’t have a small bottle Retsina, we only have 500 ml!“
Herzig, diese Griechen!

Nachdem meine Getränkebestellung gekommen war, inklusive der von mir bestellten Flasche Wein und ich gleich einmal das viertelvolle Glas Retsina, welches mir der lustige Kellner eingeschenkt hatte, vollmachte, orderte ich auch die Karte zwecks Essenbestellung. Weil so ein Tag am Strand ist schon recht anstrengend. Das stundenlange aufs-Meer-schauen macht hungrig.

Gespannt, für welches Gericht ich mich entschieden hatte, stand er fünf Minuten später wieder neben mir.
Ich orderte 2 Starter, Fried Zucchini und Tsatsiki.
Bei der Hauptspeise wollte mich der Kellner dann unbedingt beraten, er meinte,
ich solle doch auch noch die Chicken Souvlaki nehmen, und „I have to feed you, the 500 ml Retsina are to big for you“, hat er allen Ernstes und wortwörtlich zu mir gesagt. Putzig, oder?

20170921_171540-1.jpg
Eine Minute später stand eine Schüssel mit Olivenpaste und Brot auf meinem Tisch. Die Beste übrigens, die ich jemals gegessen habe.

Als die beiden Starter serviert wurden, war die Flasche Wein schon halb leer.
Der Kellner fragte mich beim Abstellen der Speisen, von wo ich denn herkomme!
„I come from Austria, from the wine area Wachau! 70 kilometers far from Vienna.“
Ich hatte das Gefühl, dass er jetzt irgendwie beruhigter war.

Die Hauptspeise kam, die Flasche Retsina war leer und der Kellner sprachlos.

Vermutlich werde ich mich in Zukunft jedes Mal, wenn ich 500 ml lese oder höre, an den Besuch in der Taverne Votsalakia erinnern.

Das war vor zwei Tagen.

Heute geht es ab nach Hause. In ein paar Stunden besteige ich wieder den Flieger.

Mit einem Lächeln im Gesicht und jede Menge Wärme im Herzen warte ich auf den Bus, der mich zum Flughafen bringt.
Mit im Gepäck etwas, das ich vor drei Jahren hier verloren, und nun wieder gefunden habe. Vertrauen!
Vertrauen darauf, dass, wenn dir das Schicksal mit einem Bleistift einen Strich durch dein schönes Leben macht, du irgendwann einen Radiergummi findest. Und du hast immer die Möglichkeit, den Bleistift an dich zu nehmen, und damit deine eigene Geschichte als Fortsetzung zu schreiben.

Die Herausforderung, eine Niederlage anzunehmen, ist eine Sache. Zu erkennen, was der tiefere Sinn dahinter ist, und festzustellen, dass man immer die Möglichkeit hat, das Beste daraus zu machen, ist die andere.

I will go to The Consequence of Love …… the gain for me is Confidence!

img_1026.jpg

Vom alleine reisen, Teil 3

Heute wechsle ich mein Zimmer.

Bei meiner Ankunft vor drei Tagen im Hotel hat die Chefin des Hauses mir angesehen, wie enttäuscht ich darüber bin, dass mein Single-Zimmer keinen Meerblick hat. Nachdem wir ins Gespräch gekommen waren und ich ihr erzählt habe, dass ich schon ganz oft in ihrem schönen Hotel gewohnt habe und immer Meerblick hatte, checkte sie kurzerhand die Buchungen und sagte: „On friday, you get a room with see view“.

Von allen 60 Zimmern, die es in diesem Haus gibt, musste es ausgerechnet jenes sein, welches ich 2014, als ich zum letzten Mal hier war, bewohnte. Keine Ahnung, ob es Absicht von der Hotelfrau oder ob es wirklich so ein blöder Zufall war, eines steht fest: Ein Zurück gibt es nicht. Ich kann ja schlecht sagen, dass mir der Ausblick nicht gefällt oder dass ich plötzlich unter Höhenangst leide.

Langsam durchschreite ich mein neues, mir bekanntes Hotelzimmer. Mit dem Zeigefinger streiche ich über die Ablage, über das Bett, öffne die Balkontüre und erlebe wieder diesen besonderen, einzigartigen Blick aufs Meer. Sonst ist da nichts. Keine Gefühlsregung. Alles IST gut!
Erst wie ich im Badezimmer stehe und das WC sehe, das ich vor drei Jahren mit seiner Zahnbürste fein säuberlich unter dem Rand und bis in die Tiefen des Abflusses geschrubbt und sie dann wieder in seinen Zahnputzbecher zurückgesteckt habe, merke ich, das ich leise lache. Kann man mich dafür nachträglich verklagen wegen Gefährdung der Gesundheit? Mein Anwalt könnte in diesem Fall auf ausgleichende Gerechtigkeit plädieren, immerhin habe ich damals durch ihn einen Herzbruch erlitten.

In meiner Gedankenwelt überschlagen sich Sätze wie:
Die beste Entscheidung des heurigen Jahres, hier her zurückzukommen.
Kein trauriges Gefühl an die Vergangenheit, yeahhhh!
Auspacken, schnell die paar Sachen verstauen, damit es ganz echt und wirklich ist: Mein neues, altes Zimmer, welches ich nun bis zu meiner Abreise bewohnen werde.
Ich bin ein Glückspilz!
Die Hotelfrau muss ich umarmen, das mache ich als erstes.

Ich hatte schon ein bisschen Bammel davor, alleine zu reisen, muss ich ehrlich zugeben. Seit dem ich in der kleinen Ortschaft Amoopi angekommen bin, begegnen mir die Einheimischen mit besonderer Freundlichkeit. Jetzt, wo ich schon einige Tage hier unterwegs bin, weiß der Typ in der Taverne, in die ich nach dem Strand immer gehe um zu Abend zu essen, dass ich alleine bin. Meine Getränkebestellung kommt automatisch, ich muss außer Kalispera gar nichts mehr sagen, ein Lächeln genügt. Als besondere Begrüßung bekomme ich immer ein Glas Ouzo mit Eis, auf´s Haus. Die anderen Gäste nicht. 🙂

Auch die alte Griechin, bei der ich im Mini-Market immer meine Wasserflasche kaufe, weiß, dass die Erfrischung für mich alleine ist. Sie winkt mir jeden Tag schon von weitem zu. Gestern hat sie mir eine Weintraube zusätzlich eingepackt, damit ich am Strand was zum Naschen habe.

Die Hotelangestellten fragen mich auch jedesmal, wenn ich ihnen über den Weg laufe: „Hello, how are you today?“ Auch hier habe ich das Gefühl, dass sie mich(i) sehen, und nicht einen Hotelgast. Der Poolmann, bessergesagt der Poolopa, war auch süß letztens. Er hat mir frische Feigen gebracht und mir den Baum gezeigt, von dem er sie gerade gepflückt hat – als wüßte ich das nicht!

Ich denke mir jedesmal: „Was kann ich euch lieben Menschen noch zurückgeben, außer mein Lächeln?“ Hoffentlich können sie in meinen strahlenden Augen erkennen, wie unglaublich glücklich ich hier bin, und hoffentlich glauben sie nicht, dass ich vollkommen gaga bin weil ich ständig irgendwo grinsend rumstehe und in die Landschaft schaue.

Meine Hautfarbe erinnert schon an Tobago Schokolade. Sie braucht heute mal eine kleine Auszeit von der Sonne. Ich habe beschlossen, mir ein Moped von nebenan zu holen und in die Hauptstadt nach Pigadia zu fahren. Im Café Acropolis werde ich vorbeischauen, ein paar Gewürze einkaufen und bei Sofia, meinem Lieblingsrestaurant, das Leben in Slow Motion genießen.

20170921_095133-1.jpg

Vom alleine reisen, Teil 2

Irgendwie ist hier in Griechenland so manches paradox. Verkehrt irgendwie.

Egal ob gestern Mittag in der Taverne oder heute beim Frühstück, Paare sitzen gemeinsam am Tisch, das Mittelalter hängt über dem Handy oder dem Tablett, die ältere Generation stochert zeitungslesend in ihrem Essen herum. Die Mundwinkel bilden im besten Fall eine waagrechte Linie. Eines haben alle gemeinsam. Sie lächeln nicht. Sie reden nicht miteinander, von einer liebevollen Geste ganz zu schweigen.
Der Gang zur Kaffeemaschine erfolgt langsam, so, als würde dies eine unliebsame Tätigkeit sein die man nun mal auf sich nehmen muss, weil sie zum Frühstücksritual gehört. Es sind Urlauber, so wie ich. Unwillkürlich stellte ich mir die Frage: „War ich früher auch so?“
Fern des Alltags, eine Umgebung die zum Träumen einlädt, Wärme, Sonne, blauer Himmel und das Meer, das alles, sollte man meinen, läßt die Herzen der Menschen ein wenig höher schlagen.

Wie ich so mit meinem Dauergrinser im Gesicht da sitze, das Leben genieße und vor lauter Beobachten ganz auf mein Frühstück vergesse, welches vor mir steht, erregt das Erscheines eines weitern Paares meine Aufmerksamkeit. Sie, ein knallorangener Lockenkopf welcher an den Geschmack von Curry erinnert, er, ein typischer Yanis, Antonis oder Michalis. Griechen, nicht zu verkennen. Sie holen sich Kaffee, lachen, sie berühren sich gegenseitig, sie reden ohne Punkt und Komma, sie bewegten sich anders, dynamischer, die Lebensfreude sprudelt förmlich nur so aus ihnen heraus. Ich habe sie später gefragt, ob sie auch Urlauber sind, und die Antwort, die ich bekommen habe, war erstaunlich. Die zwei arbeiten in meinem Hotel und haben heute Vormittag frei.

Verkehrte Welt!

Das da noch etwas nicht ganz richtig ist denke ich mir auch, als ich einen Blick auf meinen Frühstückstisch werfe. 2 Kaffeetassen mit Cappuccino, 2 mit Orangensaft gefüllte Gläser, 2 Teller mit 2 Scheiben Toast sowie 2 Stück von einer Honigmelone. Eine vergangene Urlaubsgewohnheit hat bei mir unbemerkt zugeschlagen.

Du merkst erst, wie stark du etwas vermisst hast, wenn du es wieder siehst. Wie tausende, glitzernden Diamanten, die das Sonnenlicht spiegeln, azurblau und glasklar, so liegt es nun direkt vor mir. Gerade mal 20 cm trennen meine Strandliege vom Wasser. Das sanfte Plätschern der leichten Wellen mischt sich mit den warmen, jazzigen Tönen, die aus meinem Kopfhörer kommen und ich denke mir: Dieses „aufs Meer schauen“ ist die schönste Beschäftigung der Welt, auch alleine!

20170921_141734_hdr-1.jpg

Vom alleine reisen, Teil 1

Das erste Mal ist immer etwas Besonderes. Der erste Kuss, der erste Kinoabend ohne Eltern, die ersten warmen Sonnenstrahlen im Frühling,…

Für mich heißt es jetzt: Das erste Mal alleine reisen.
46 Jahre musste ich alt werden, um dieses Abenteuer zu wagen. Ich habe mich entschlossen, es auszuprobieren, weil die Sehnsucht nach dem Meer schon recht groß ist. Meine Freundinnen sind alle fest im Beziehungsleben geparkt oder jobtechnisch nicht abkömmlich, also blieb mir nichts anderes übrig, als ins Reisebüro meines Vertrauens zu gehen und zu sagen: „Bitte buchen Sie mir die gleiche Insel und das selbes Hotel wie vor drei Jahren, nur dieses Mal ein Einzelzimmer!“
Den kurzen, mitleidigen Blick der Reisebürotante habe ich gesehen!
„Ja, ich reise alleine, ich probiere das jetzt einmal aus!“ – hätte ich sie am liebsten angeschrien, weil ganz sicher war ich mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht, ob ich dieses Abenteuer wirklich wagen will. 2 Tage Bedenkzeit später hatte ich die fixe Buchung in meiner Mailbox. Ohne Stornoversicherung! Karpathos, ich komme.

Das war vor 2 Monaten. Heute besteige ich den Flieger der mich auf meine geliebte griechische Insel bringt, die ich in und auswendig kenne. Ganz oft war ich schon da gewesen, das letzte Mal im September 2014, das letzte Mal mit meinem Lebensgefährten. Die Heimreise damals vor drei Jahren, nach dem schrecklichen Ereignis, war… ich kann mich eigentlich nicht mehr so genau erinnern. Unwirklich war irgendwie alles, mit hunderten von Menschen in der griechischen Abflughalle und doch ganz alleine. Ich vermute, dass ein Teil von mir damals dort zurück geblieben ist.

Aufgeregt betrete ich nun den VIA, suche den Schalter, gebe meinen Koffer ab. Er ist diesmal ziemlich leicht, wiegt nur 9870 Gramm. Auf dem Weg zum Gate sehe ich überall Menschen im Doppelpack. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass mich alle Leute anschauen und Mitleid mit mir haben, weil ich alleine unterwegs bin. Ich spüre sie schon kommen, die Tränen, ganz langsam füllen sich meine Augen mit Flüssigkeit. „Reiß Dich zusammen“, denke ich mir, und schaue dabei auf die Decke der Abflughalle in der Hoffnung, das dieses nasse Element ins Augeninnere läuft und meine Wangen verschont. Vielleicht liegen meine Nerven auch nur blank, weil ich die letzte Nacht fast nicht geschlafen habe und es kurz vor fünf Uhr in der Früh ist. Oder vielleicht ist es meine Flugangst, die mir blöderweise gerade jetzt von hinten auf die Schulter klopft. Ich überlege kurz, welche Situation es rechtfertigen würde, wenn ich statt dem Flieger nach Griechenland, den Zug nach Krems nehmen würde. Keine.

Am Gate angekommen muss ich mich erst Mal hinsetzen. Ich fühle mich schwach, eine mir vertraute Schulter zum anlehnen wäre jetzt nicht schlecht – gibt es aber nicht. Mir wird klar, dass ich gerade dabei bin, meine Komfortzone zu verlassen, und dass ich das, was die nächsten 7 Tage und 7 Nächte in meinem Kopf passiert, nicht beeinflussen kann. Außer, ich bestelle schon Mittags in einer Taverne eine Flasche Retsina. Keine kleine sondern eine große!

Der Flieger steht angedockt hinter der Glasscheibe und ist zum Einsteigen bereit. Draußen ist es finster. Boarding completed. Mit ein paar Minuten Verspätung rollt die Maschine auf die Startbahn. Gleich geht es los. Zum ersten Mal alleine reisen ist bis jetzt nicht lustig, finde ich. Und trotzdem ist da dieses kleine, aber doch spürbare Gefühl von Stolz, dass ich es schon mal bis hier her geschafft haben. Alleine! Gespannt, was da alles kommt die nächsten Tage, lehne ich mich zurück und höre die Worte des Piloten:

„Arm slides, ready for takeoff!“

Hallo Welt!

Herzlich Willkommen auf meiner ganz persönlichen Seite.

Zuhören, beobachten, hinspüren – diese drei Zutaten und ein paar eigene Gedanken – so entstehen meine Texte.
Sie sollen Dich raus holen aus dem Alltag, zum Schmunzeln bringen und vielleicht auch zum Nachmachen anregen.
Alles was Du in meinem Blog findest, darfst Du klauen. Nimm Dir die Leichtigkeit des Lebens, die ich Dir vermitteln möchte, die bunten Farben und die Vielfalt der Gefühle. Lass dafür hin und wieder einen Kommentar da.

Das, was du in diesem Moment gerade liest, ist das Vorzimmer zu meiner Welt. Wenn du dich hier wohl fühlst, öffne doch einfach eine weitere Tür und schau, was sich dahinter verbirgt!

Stay tuned!

Präsentiert von WordPress & Theme erstellt von Anders Norén